[Interview] Mit KI dem Nitrat im Grundwasser auf der Spur

Intelligente Systeme, die nachhaltig das gesundheitsgefährdende Nitrat im Grundwasser reduzieren helfen: Darum geht es in dem 2020 gestarteten, vom Bundesministerium für Umwelt mit 2,5 Millionen Euro geförderten Projekt Nitrat-Monitoring (NiMo) 4.0. Beteiligt ist auch die von Dr. Désirée Hilbring geleitete Gruppe Geodatenanalyse und -management des Fraunhofer IOSB.


Frau Hilbring, was stimmt mit unserem Grundwasser nicht?

Das Stichwort Nitrat hört man immer wieder in der Presse – das Problem ist, dass sich Nitrat nicht schnell im Grundwasser abbaut. Die Verteilung im Grundwasser ist Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von vielen Einflussfaktoren. Eine Rolle spielen z. B. die grundwasserleitenden Schichten, der Niederschlag aber auch die Stickstoffeinträge der Landwirtschaft. Um den Eintrag zu regeln, gibt es Düngeverordnungen der Länder. Wenn Nitrat ins Trinkwasser gelangt, gilt es Grenzwerte einzuhalten, da hohe Nitratwerte eine gesundheitliche Belastung darstellen können. Die Folge ist, dass Wasserversorger Maßnahmen zur Aufbereitung des Trinkwassers ergreifen müssen. Weil wir schauen, wo die Werte problematisch sein könnten, ist NiMo 4.0 für Umweltbehörden und Wasserversorger interessant.

Projektlogo mit grafischer Andeutung von Grundwasser, Sensoren, Vernetzung, Cloud

Was tun Sie im Projekt NiMo 4.0 konkret?

Ziel von NiMo ist die Entwicklung von KI-Methoden für die Reduzierung von Nitrat im Grundwasser. Wir beschäftigen uns mit der räumlichen und zeitlichen Nitratvorhersage. Ein weiteres Ziel ist die Messwertüberwachung: Wir wollen eine Frühwarnung entwickeln, die eingehende Messwerte auf Auffälligkeiten überprüft. Aktuell werden Wasserproben manuell entnommen und im Labor analysiert, ein aufwändiges Verfahren. Deswegen befasst sich NiMo auch mit der Messnetzoptimierung. Die Methoden werden in zwei Pilotregionen getestet.

Welche Herausforderungen stellen sich dabei?

Um die KI-Algorithmen zu realisieren, brauchen wir Daten aus verschiedenen Quellen. Diese müssen integriert und für die Verwendung in KI-Algorithmen aufbereitet werden. Die zweite Herausforderung ist, das System nicht nur prototypisch zu bauen, sondern Grundlagen für die Übertragung auf andere Regionen zu schaffen. Wir entwickeln schon lange Informationssysteme für Behörden mit Gewässermonitoringaufgaben. Unklar ist, wie die neuen Algorithmen in bestehende Systeme integriert werden können. Wir setzen dabei auf offene Standards des Open Geospatial Consortiums (OGC). Unser Ziel ist eine Web-Plattform, die Szenarien für unterschiedliche Parameter berechnet. Die technischen Grundlagen können über die Nitratprognose hinaus eingesetzt werden, da der Standard und die neuen Mechanismen zur Datenintegration, domänenunabhängig sind.

Das klingt schon alles sehr durchgeplant – gab es auch etwas Unerwartetes?

In der Planungsphase sahen wir keine Möglichkeit eigene Nitratsensoren auszubringen. Inzwischen hat sich der Kontakt zu einer Firma ergeben, die Nitratsensoren herstellt und in Betrieb hat – und wir dürfen auf diese Sensoren zugreifen! Damit haben wir Zugang zu zeitlich hochauflösenden Daten. Es ist spannend, wie die Live-Daten der Sensoren integriert und mit den Daten aus den Probenahmen kombiniert werden können.

Dieses Interview ist zuerst im Newsletter InfOSB, Ausgabe 2/2021, erschienen.
Weitere Informationen zum Projekt NiMo 4.0 finden sich auf der Projektseite.

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