Halodome prüft Bauteile mit Kameras auf Defekte.

KI-Assistenz zur Qualitätssicherung: Halodome, das interaktive Fehlererkennungs- und Fehlerannotationssystem des Fraunhofer IOSB

Halodome steht für HumAn in the Loop Outlier DetectiOn MachinE. Halodome ist ein KI- und Kamera-basiertes, interaktives Fehlererkennungs- und Fehlerannotationssystem. Es kann beispielsweise bei der Qualitätssicherung in der Produktion unterstützen.

Das Ziel von Qualitätssicherung ist, Fehler zu finden, schnell darauf zu reagieren und sie zu beheben und so die Fehlerquote insgesamt zu reduzieren. Ein mögliches Szenario, in dem Halodome zum Einsatz kommen kann, ist etwa, dass ein Werker ein Bauteil visuell überprüft und die Fehler samt Fehlerort auf Papier dokumentiert und dem Bauteil beilegt. Eine andere Möglichkeit ist, die Fehlerdokumentation der visuellen Prüfung an einem Computersystem durchzuführen. Aufgrund der digitalen Erfassung der Fehler gibt es dann die Möglichkeit, über verschiedene Dokumente Fehlerstatistiken zu erstellen. Damit können systematische Fehler entdeckt werden, die einen Hinweis darauf geben, dass eine Fertigungsmaschine defekt ist oder ein Produktionsschritt für einen Werker herausfordernd und damit fehleranfällig ist.

Halodome kann bei der Fehlerdetektion unterstützen. Kameras erfassen das Prüfobjekt und prüfen die Bilder mithilfe eines KI-basierten Systems auf Fehler. Dies kann parallel zur visuellen Prüfung eines menschlichen Prüfers erfolgen, so dass dieser die automatischen Prüfergebnisse dann für einen Abgleich mit seinem visuellen Prüfergebnis nutzen kann. Eine andere Vorgehensweise ist, dass die automatische Auswertung vorgeschaltet ist und dem menschlichen Prüfer nur diejenigen Prüfobjekte vorgelegt werden, bei denen das automatische Verfahren Fehler gefunden hat. Der Vorteil hiervon ist, dass der menschliche Prüfer von der Prüfung intakter Prüfobjekte entlastet wird. Dies ist günstig, weil deren Prüfung auf Dauer deutlich ermüdender ist, als die Prüfung realer Fehler.

Das KI-Verfahren hinter Halodome

Das von Halodome genutzte KI-Verfahren ist eine sogenannte Anomaliedetektion. Das Verfahren funktioniert grundsätzlich so, dass ihm bekannt ist, wie das Prüfobjekt aussieht, wenn es intakt (i.O. bzw. in Ordnung) ist. Dies lernt das Verfahren, indem es in einer Trainingsphase Bilder intakter Prüfobjekte (sogenannte Positivbeispiele) vorgelegt bekommt und sich darauf einlernt.

Das allgemeine Funktionsprinzip besteht darin, ein modernes Neuronales Netzwerk zu verwenden, das auf diversen Datensätzen vortrainiert wurde. Auf diese Weise können selbst sehr verrauschte Bilder besser analysiert werden als von einem durchschnittlichen Menschen. Ein solches modernes Netzwerk wird auf die Bilder der intakten Prüfobjekte angepasst und angewendet. Das Neuronale Netz extrahiert dann beispielsweise höhere Eigenschaften wie Kanten oder Muster aus dem Bild. Anschließend werden diese Eigenschaften erkannt und in „Passformen“ eingefügt. Das Neuronale Netz besteht aus vielen Zwischenschichten, die auch als Hidden Layers bezeichnet werden. Diese Struktur ermöglicht komplexe Berechnungen und Entscheidungen aufgrund der Verarbeitung großer Datenmengen.

Die Ausprägung von Anomalien werden durch einen sogenannten Anomaliescore quantitativ ausgedrückt. Um den Anomaliescore eines neuen Bildes zu bestimmen, gibt man das Bild in den vortrainierten Algorithmus ein und betrachtet die Aktivierung, die in den Schichten des Neuronalen Netzes hervorgerufen wird. Dann vergleicht man diese Aktivierung dahingehend, wie nahe sie den zuvor eintrainierten Bildern kommt. Ist die Aktivierung ausreichend ähnlich, so wird das Bild als intakt klassifiziert (One-Class-Klassifikator). Unterscheidet sie sich zu stark, so wird das Bild als Anomalie erkannt. Je nach Anwendungsfall muss man im Algorithmus die Entscheidungsgrenze zwischen Anomalie/keine Anomalie entsprechend angemessen wählen.

Die Anzahl an Positivbeispielen, die der Algorithmus gesehen haben muss, um danach zuverlässig neue Bilder als Anomalie zu detektieren, ist abhängig vom Anwendungsfall und liegt zwischen wenigen Zehn bis wenigen Hundert. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, eine positiv-falsche Anomaliedetektionen (die also eigentlich Positivbeispiele sind, weil keine Fehler zu sehen sind) als weitere Lerndaten in die Trainingsdatenbasis aufzunehmen und den Algorithmus darauf anzupassen. Auf diese Weise lässt sich die Korrekterkennungsrate weiter verbessern.

Mensch-KI-Kooperation: Die intuitive Benutzungsoberfläche

Halodome verfügt über eine webbasierte Benutzungsoberfläche. Das hat den Vorteil der Geräteunabhängigkeit. Die Benutzungsoberfläche kann direkt im Browser angepasst werden, ohne dass eine aufwendige Neu-Kompilierung erforderlich ist. Die Benutzungsoberfläche ist sehr übersichtlich, da sie sich auf die Anzeige der Kamerabilder mit markierten Fehlerstellen sowie wenige Schaltknöpfe beschränkt. Das Halodome-Verfahren ist grundsätzlich auf andere Prüfobjekte adaptierbar. Zu berücksichtigen ist, dass das Prüfobjekt von der bzw. den Kameras in ausreichender Auflösung und mit ausreichender Ausleuchtung erfasst wird. Bei einer Situation, in der auch Personen im Kamerabild erfasst werden, muss gegebenenfalls sichergestellt werden, dass diese unkenntlich gemacht werden.

Halodome als Experimentalaufbau

Aktuell demonstrieren wir das Halodomeverfahren exemplarisch mithilfe einer Prüfbox, die die Beleuchtungsbedingungen auch im Messekontext beherrschbar macht: Das Prüfobjekt wird in eine lichtdichte Box platziert und darin werden dann unter Beleuchtung die Kamerabilder aufgenommen. Bei einem Kunden wird das Kamerasystem nach den jeweiligen Kundenanforderungen vor Ort realisiert.

Haldome besteht aus einer Prüfbox in die das zu prüfende Objekt gefahren wird. Kameras inspizieren das Objekt auf Anomalien.

Der Messeaufbau ist inspiriert von einer liniengetriebenen Produktion. Man kann sich vorstellen, dass die Prüfobjekte auf einer Linie geliefert werden und an einer bestimmten Stelle in die Prüfbox geführt und auf Fehler geprüft werden. Ist das Prüfobjekt intakt, wird das Prüfobjekt im Anschluss wieder auf die Linie gelegt. Ist es nicht intakt, wird es einem menschlichen Prüfer zur visuellen Prüfung vorgelegt. Bestätigt der menschliche Prüfer die erkannten Anomalien als Fehler, stößt er eine passende Fehlerbehandlung (Nachbearbeitung, Ausschuss) an. Findet der Mitarbeiter keine Fehler, führt er das Prüfobjekt der Linie zu. Je nach Konfiguration kann er zusätzlich das Bild der fälschlicherweisen Anomaliedetektion entsprechend markieren, so dass es dem Trainingsdatensatz des Verfahrens hinzugefügt wird.