Er ist ein Mitarbeiter der ersten Stunde des 2009 gegründeten Fraunhofer IOSB-INA in Lemgo – und seit kurzem Leiter der Abteilung Digitale Infrastruktur (DIS): Dr.-Ing. Sebastian Schriegel. Er übernimmt diese Funktion von Standort-Direktor Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jasperneite, der sich ab sofort auf abteilungsübergreifende Aufgaben konzentriert.
Herr Schriegel, womit beschäftigt sich die Abteilung Digitale Infrastruktur?
Wir erforschen digitale Infrastrukturen für die Smart City und Smart Factory. Dabei sind dieThemen industrielle Kommunikation, Internet of Things, IT-Sicherheit und intelligente Sensorsysteme Schwerpunkte der Abteilung DIS. Viele neue Anforderungen an digitale Infrastrukturen für technische Systeme ergeben sich aus der steigenden Dynamik in den technischen Systemen z. B. durch Rekonfigurationen von Produktionsanlagen und durch die Integration von physikalischen Objekten wie z. B. einer Maschine mit dem Internet (Integration von IT und OT). So muss z. B. die Sicherheit in den Ausprägungen IT-Security und Safety (funktionale Sicherheit) für diese dynamischen Umgebung angepasst werden. Auch F&E-Projekte und Lösungen zur leistungsstarken Umsetzung von neuen Standards und Technologien in Komponenten und Systeme sind ein Schwerpunkt der Abteilung: Neben ausgeprägtem Fachwissen, Forschungsergebnissen und neuesten Werkzeugen für das Design von Hardware, Software und dem HW-SW-Co-Design gehören hochwertige Laborausstattungen zur Abteilung.
Ein breites Leistungsangebot. Sie befassen sich mit Industrie und Smart City – wie geht das zusammen?
Vieles aus unserer Forschung lässt sich von der Industrie auf die Smart City übertragen und umgekehrt: Industrielles 5G etwa erproben wir in der SmartFactoryOWL, ebenso erforschen wir aber die Vernetzung von Mobilitätslösungen mit 5G im Rahmen des Projekts MONOCAB – das selbstfahrende Einschienen-Fahrzeug für den Personennahverkehr hatte kürzlich seine Jungfernfahrt. Auch die Bilderkennung mit Erfassungssystemen kommt in beiden Domänen zum Einsatz: In der Produktion tracken wir Werkstücke, in der Stadt haben wir z. B. das Projekt KI4PED, in dem wir Laufwege von Fußgänger*innen anonym erfassen, um Ampelschaltzeiten automatisiert an Bedarfe anzupassen und die Sicherheit von Verkehrsteilnehmenden zu erhöhen.
Gibt es auch Forschungsthemen, die sich nicht so einfach übertragen lassen?
Schmalbandkommunikation ist ein Beispiel, das in Smart-City-Anwendungen einen starken Fokus hat und in der Produktion kaum vorkommt: Akkubetriebene, in die Umwelt integrierte Sensorknoten schicken etwa Wetterdaten über einen langen Zeitraum an ein zentrales System. Dazu nutzen wir in Lemgo LoRaWAN, einen energieschonenden Funkstandard.
Sie sprachen von Retrofit, dem Modernisieren bestehender Anlagen. Woher weiß ein Unternehmen, wann es in eine neue Technologie investieren sollte?
Der richtige Zeitpunkt für eine neue Technologie hängt von den Herausforderungen des Unternehmens ab. Zu uns kommen Unternehmen mit einem etablierten, funktionierenden Produktportfolio. Wir prüfen, wie die bestehende Infrastruktur um neue Technologien erweitert werden kann. In der SmartFactoryOWL und unserem 5G-Anwendungszentrum bieten wir Interoperabilitäts-Testing an: Implementiert ein Kunde eine neue Technologie in sein System, kann er sich bei uns absichern, dass die neue Technologie in der industriellen Umgebung robust läuft und erforderliche Standards einhält.
Dieses Interview ist zuerst im Newsletter InfOSB, Ausgabe 2/2022, erschienen.