Bevor er 2005 ans Fraunhofer IOSB-AST kam, forschte er in Neuroinformatik, entwickelte biomedizinische Hard- und Software für ein Start-up und promovierte bei Jürgen Wernstedt, dem Gründer des IOSB-AST: Dr.-Ing. Andreas Wenzel, Inhaber der Professur »Eingebettete Systeme/Technische Informatik« der Hochschule Schmalkalden und Leiter der neuen Abteilung Eingebettete Intelligente Systeme (EIS).
Herr Wenzel, Ihre Abteilung entwickelt systemtechnische Lösungen vor allem in Form von eingebetteten elektronischen Systemen. Welche Herausforderungen haben Sie dabei im Visier?
Grob kann man unsere Arbeiten drei Schwerpunkten zuordnen. Der erste ist Robotik und Sensordatenfusion, wobei wir uns hier auf autonome mobile Arbeitsmaschinen konzentrieren, vor allem auf Flurfördertechnik und Landmaschinen. Zweiter Fokus ist die KI-basierte Diagnose für technische Anlagen. Ein Beispiel ist die Spritzgussteilefertigung, wo unser System mittels maschineller Lernverfahren aus Sensordaten Qualitätsparameter abschätzt, die sich nicht zerstörungsfrei messen lassen, und dem Bedienpersonal Handlungsempfehlungen gibt. Und last but not least nimmt gerade das Thema Desinfektion durch UVC-Strahlung gehörig Fahrt auf.
An autonomen Fahrzeugen wird allenthalben geforscht – wo liegen die Stärken Ihrer Abteilung?
Wir arbeiten an Komponenten für die Umwelterfassung, Navigation und Steuerung speziell von Arbeitsmaschinen, das heißt abseits kartierter Straßen. In unserem Reallabor verfügen wir über umfangreiche Ausstattung und Referenzmesstechnik sowie die nötigen interdisziplinären Kompetenzen für alle Entwicklungsschritte: Mittels Umgebungssensorik modellieren wir das Einsatzgelände digital, um anschließend mit unserer Simulationssoftware effiziente, realitätsnahe Tests zu machen. So entwickeln wir zum Beispiel Sensorkonzepte, die wir dann mittels »Hardware in the Loop«-Ansätzen validieren. Prototypen können wir schließlich an vielen Testfahrzeugen in unseren Indoor- und Outdoor-Testumgebungen erproben. Das sind beste Bedingungen, egal ob fahrerlose Transportsysteme in der Fabrik, Schlepper auf dem Feld oder Spezialfahrzeuge auf dem Flughafen-Rollfeld automatisiert werden
sollen.
Spezialfahrzeuge sind auch die Krankenwagen, für die Sie ein neuartiges Desinfektionsverfahren mittels kurzwelliger UVC-Strahlung aus LEDs entwickelt haben.
Ja, wobei der tiefere Zusammenhang zwischen Arbeitsmaschinen und UVC-Anwendungen eher in unserer Vorgehensweise liegt: Wir entwickeln auf Basis von Simulationen sowie gemeinsam mit Firmen als Anwendungspartnern praxistaugliche Innovationen, und wir verbinden wissenschaftliche Kompetenz mit technologischem Know-how und State-of-the-Art-Laborausstattung, um umfangreiche Beratungs-, Evaluations- und Schulungsleistungen anbieten zu können. Im UVC-Bereich simulieren wir, wie sich die Strahlung ausbreitet, aber auch wie sich das zu desinfizierende Material verhält – bei Gasen und Flüssigkeiten ist etwa das Strömungsverhalten entscheidend, um Dosisleistung und desinfizierende Wirkung abzuschätzen. Nun freuen wir uns, mit Förderung des Landes Thüringen ein UVC-Referenzlabor aufbauen zu können, um alle denkbaren UVC-Geräte umfassend aus technischer Sicht evaluieren zu können.
Dieses Interview ist zuerst im Newsletter InfOSB, Ausgabe 1/2022, erschienen.